Strom ist besser als sein Ruf

Umweltfreundliche Stromerzeugung macht Heizen mit Strom ökologisch unbedenklich

Viele Hausbesitzer befassen sich nie ernsthaft mit der Möglichkeit, Strom zum Heizen zu verwenden. Sie fürchten die Abhängigkeit vom Elektrizitätswerk und halten Strom generell für unwirtschaftlich und umweltschädlich. Die Skepsis gegenüber Elektrizität ist tief verwurzelt und zum Teil durch Entwicklungen der letzten Jahrzehnte begründet. Zeit sich mit dieser Energieform genauer auseinanderzusetzen, denn Strom wird in der Zukunft für das Heizen immer interessanter.

Einst war es Hexenwerk

Strom ist den Menschen seit der Antike bekannt und war geheimnisumwittert. Bereits im 6. Jahrhundert vor Christus soll Thales von Milet entdeckt haben, dass Bernstein Stoffe anziehen kann. Dies gelingt nur, wenn er zuvor an einem Tuch gerieben wurde. Das griechische Wort Elektron, bedeutet Bernstein und ist bis heute der Namensgeber für Elektrizität. Bis zu Beginn der Neuzeit verblüfften Magier mit dieser Erscheinung und wurden von der Kirch misstrauisch beäugt. William Gilbert (1540-1603) benutzte eine sogenannte Elektrisiermaschine, um Strom durch Reibung zu erzeugen und auf den eigenen Körper zu übertragen. Mit diesem wiederum elektrisierte er andere Menschen um sie von verschiedenen Leiden zu befreien.

Erst im 19. Jahrhundert entdeckte der Mensch, dass Strom einen technischen Nutzen haben kann. Er setzte ihn zum Telegrafieren ein. Werner von Siemens erkannte 1866 das dynamoelektrische Prinzip und entwickelte den ersten Generator. Dieser diente dazu, Sprengladungen zu zünden. Das Prinzip, eine Spule in einem Magnetfeld zu bewegen um Strom zu erzeugen ist bis heute Grundlage der Stromerzeugung in Kraftwerken. Lediglich Photovoltaik basiert auf einem anderen Prinzip.

Strom, den der Mensch weder riechen, schmecken noch hören kann, war von Anfang an geheimnisumwittert. Er faszinierte und ängstigte zu gleichen Teilen. Ende des 19. Jahrhunderts diente er bereits der Beleuchtung von Straßen, auch einige Reiche hatten elektrische Beleuchtung im Haus. Die tödliche Wirkung von Strom war den Menschen ebenfalls bekannt, denn am 6. August 1890 fand die erste Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl statt.

Heizen mit Strom tritt einen Siegeszug an

Die Vorteile von Strom überzeugten, aber der Mensch lernte von Anfang an einen respektvollen Umgang. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts setzte sich Strom für die Beleuchtung der Häuser, den Betrieb technischer Geräte und zum Heizen durch. Das Medium galt als modern und fortschrittlich. Vor allen Dingen schätzen die Menschen Strom als eine saubere Energieform. Heizen mit Holz, Öl oder Kohle in Öfen war eine staubige Angelegenheit, denn die damaligen Öfen verbrannten die Brennstoffe unvollständig. Hinzu kam eine Gefahr von Bränden, wenn Feuer zum Heizen diente.

In Deutschland propagierten alle Verantwortlichen in den 1950er- und 1960er-Jahren Nachtspeicherheizungen als Alternative zu Öfen für Kohle oder Heizöl. Die wichtigsten Argumente waren Staub- und Geruchsbelästigung am Nutzungsort zu vermeiden und Lagerraum für Brennstoff zu sparen. Im Bewusstsein, dass fossile Brennstoffe nicht unendlich sind, entwickelten die Wissenschaftler Atomkraftwerke. Das erste Kernkraftwerk Kahl (Gemarkung der Gemeinde Karlstein am Main) speiste 1961 mit einer Leistung von 15 MW Strom ins Netz. Heizen mit Strom wurde immer populärer und schien alle Probleme zu lösen.

Die Menschen übersahen dabei, dass Strom in großen Turbinen erzeugt wurde, für deren Betrieb weiter Kohle und Öl verbrannt wurden. Ein großer Nachteil des Heizens mit Strom ist, dass man deutlich mehr Rohstoffe verbrennen muss, um einen Raum über Strom zu heizen, als beim direkten Heizen. Dieser Nachteil trifft bis heute für alle Kohle- und Ölkraftwerke zu. Die Tatsache, dass dies Ressourcen vergeudet und insgesamt mehr Schmutz verursacht, war der Menschheit bis zu Beginn der 1970 weitgehend egal und nicht bewusst.

Als im Herbst 1973 wegen des Jom-Kippur-Krieges (6. bis 26. Oktober 1973) die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) die Förderung von Öl drosselte, förderte dies weiter das Heizen mit Strom. Schließlich stand genügend saubere Kernenergie zur Verfügung. Als umweltfreundlichste Heizung galten Nachtspeicherheizungen. Da die Kernkraftwerke kontinuierlich Strom erzeugten, aber nachts der Verbrauch in der Industrie und den Haushalt gering war, gewannen nächtliche Stromverbraucher an Bedeutung. Heute erleben diese Systeme aus anderen Gründen eine Renaissance.

Strom gerät in Verruf

Menschen neigen dazu, von einem Extrem in das andere zu verfallen und schütten auch gerne mal „das Kind mit dem Bad aus“. Atomkraft war zu keinem Zeitpunkt unproblematisch. Sie erzeugten neben Strom viel zu viel Wärme. Deren Entsorgung über die Luft und oft durch Flüsse belastet die Umwelt im Normalbetrieb erheblich. Die Frage, wohin mit den radioaktiven Abfällen ist bis heute ungelöst und Unfälle mit verheerenden Folgen blieben nicht aus.

Als die ersten Menschen sich gegen Kernkraft wandten, wurden Sie belächelt und galten als spinnerte Sandalenträger. Erst ab 1974 gewann die Anti-Atomkraft-Bewegung vermehrt Anhänger. Die Grünen, damals eine kleine Gruppe, sind heute aus dem Bundestag nicht mehr wegzudenken.

Katastrophen in Tschernobyl (26. April 1986) und Fukushima (mehrerer Unfälle ab dem 11. März 2011) bewirkten eine Abkehr von der Atomenergie. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der letzte Reaktor in Deutschland vom Netz gehen wird.

Im Bewusstsein, dass Stromerzeugung nicht so unproblematisch ist, wie angenommen, gerieten prompt auch Elektroheizungen in Verruf. Ab dem 1. April 1999 stiegen die Kosten für den Betrieb einer Nachtspeicherheizung, da die Stromsteuer eingeführt wurde. Der Steuersatz für den Niedertarif war bis 2006 reduziert, danach war er für Hoch- und Niedertarif gleich. Zusätzlich macht die Liberalisierung des Strommarkts den Elektroheizungen zu schaffen, da viele Billiganbieter keinen Niedertarif im Angebot haben.

§ 10a der Energieeinsparverordnung (EnEV) schien in der Fassung vom 29. April 2009 das endgültige Aus für das Heizen mit Strom zu bedeuten, zumindest mit Speicherheizungen. Ab 2020 sollte es keine Nachtspeicheröfen mehr in Mehrfamilienhäusern geben und die KfW zahlte bis zum 31. August 2010 pro entsorgten Nachtspeicherofen einen Zuschuss.

Angesichts dieser Entwicklungen wundert es nicht, das die Menschen heute sehr skeptisch sind, wenn es um das Heizen mit Strom geht. Sicher ist es sichtig, insgesamt Heizenergie zu sparen und die Häuser gut zu isolieren. Aber ein Verzicht auf eine Elektroheizung ist unsinnig.

Strom im Verlauf der Geschichte

Zeitraum

Wissenswertes zum Strom

Antike und Mittelalter

Statische Elektrizität war bekannt und wurde für magische Effekte genutzt

Ab Mitte des 16. Jahrhundert

Statistische Elektrizität wurde für Heilzwecke eingesetzt

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts

Strom wird ab sofort für technische Zwecke verwendet

Generatoren um fließenden Strom zu erzeugen sind seit 1866 bekannt

Beginn des 20. Jahrhunderts

Elektrizität wird unentbehrlich

Heizen mit Strom kommt in Mode und gilt als umweltfreundlich

Von den 1970ern bis ins erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts

Strom gilt nun als umweltschädlich

Heizen mit Strom soll abgeschafft werden

Ab etwa 2012

Erneutes Umdenken

Erkenntnis, dass die Stromerzeugung überdacht werden muss

Heizen mit Strom ist Teil des neuen Konzepts